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Neues aus dem Klinikum

Highlights der Jahrestagung der DGS Juni 2009 Düsseldorf

Montag, 06. Juli 2009, 11:13 Uhr
Highlights von der 29. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie vom 11. bis 13. Juni 2009 Düsseldorf

Relevanz disseminierter Tumorzellen für die Diagnose und Prognose beim Mammakarzinom

- Aufgrund der umfangreichen Datenlage gilt der Knochenmarkstatus als prognostischer Marker mit Level of evidence 1,

- der Nachweis persistierender Tumorzellen im Knochenmark nach Abschluss der adjuvanten Therapie ist mit einer schlechten Prognose assoziiert,

- persistierende Tumorzellen sind in der Regel nicht proliferierend, aber häufig Her-2 positiv, trotz Her-2-Negativität des Primärtumors. Daraus ergeben sich therapeutische Ansätze wie die Antikörpertherapie mit Trastuzumab oder eine Bisphosphonat-Therapie.

- Um eine abschließende Beurteilung vornehmen zu können, steht das Ergebnis weiterer großer randomisierter Studien noch aus.
(Fehm, Tübingen)


Onkoplastik und BET beim primären Mammakarzinom und ausgedehnten DCIS

- Beim DCIS nach thorakal kein Sicherheitsabstand von 10 mm notwendig aufgrund langjähriger Erfahrungen, das bedeutet keine Resektion des Muskels,

- den Randsaum soll man mit den anderen biologischen Faktoren im Zusammenhang sehen, um ein Leben zu retten müssen vier Lokalrezidive verhindert werden.
(Rezai, Düsseldorf)

Diagnostik und Therapie der sehr jungen Patientin

- Sonographie stellt die wichtigste diagnostische Maßnahme dar.
(Wunderlich, Dresden)

- Das Mammakarzinom tritt in ca. 10 % bei jungen Frauen auf, die Gonadentoxizität ist hoch, zur Frage des Fertilitätserhalts können bei Rezeptornegativität GnRH-Analoga verordnet werden, es kann vor Beginn der adjuvanten Chemotherapie eine Stimulation der Ovarien mit Gewinnung und Einfrieren von unbefruchteten Eizellen erfolgen, es kann vorher eine IVF erfolgen mit Einfrieren von befruchteten Eizellen, des weiteren ist eine Kryokonservierung von Teilen des Ovars möglich,

- nach der Chemotherapie sollte im Rahmen einer Fertilitätsuntersuchung der Status bestimmt werden und evtl. die assistierte Reproduktion empfohlen werden,


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- allerdings gibt es keine evidenzbasierten Maßnahmen vor Beginn der Chemotherapie, das hat sich auch auf dem St. Gallen Meeting wieder herausgestellt, dennoch scheinen aber nach Chemotherapien Schwangerschaften relativ häufig zu sein, wobei auch zur Reproduktion keine aussagefähigen Daten vorliegen.
(Schmutzler, Kiel)

- Beim triple-negativen Mammakarzinom zeigt sich eine mit 74 % sehr hohe Rate visceraler Metastasen, des weiteren Auftreten von cerebralen Metastasen innerhalb der ersten 22 Monate.

- Nach Rezidiv/Metastasierung beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate 0 %.

- Als mögliche adjuvante Therapie sollten Her1-Blocker im Rahmen großer Studien untersucht werden, da es aufgrund der bisherigen Datenlage vielversprechende Ansätze gibt. Des weiteren scheint eine primäre Chemotherapie mit Cisplatin, die mit einer 72-%igen pathologischen Komplett-remissionsrate verbunden ist, sehr günstig zu sein.

- Als weitere experimentelle Therapie wird Avastin im Rahmen adjuvanter Studien untersucht.
(Till, Lübeck)


Prävention und Therapie des Lymphödems

- Lymphödemprophylaxe bedeutet auch Prophylaxe von Infektionen und Beschwerden wie Schmerzen und Bewegungseinschränkungen,

- bei Hauteffloreszenzen im Bereich eines Lymphödems immer histologische Klärung, da es sich um ein sekundäres Lymphangiosarkom handeln kann. (Döller, Kärnten/Österreich)

- Bis zu 30 % Nachweis von Lymphödemen nach Axilladissektion, wobei davon 48 % erst nach 20 Jahren auftreten, bei Sentinellymphonodektomie max. 5 %, wobei jeder entfernte Lymphknoten zählt.
(Albert, Marburg).

- Risikofaktoren für das Auftreten eines Lymphödems, die außerhalb des Mammakarzinoms liegen, sind ein Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankung, Adipositas sowie orthopädische und neurologische Erkrankungen.

- Lymphdrainage ist auch bei Lokalrezidiven möglich.

- Ein akutes Lymphödem kann bei Axilladissektion und o.g. Risikofaktoren in 45 % aller Lymphödemfälle auftreten, ein latentes Lymphödem kann bis zu 50 % in den ersten 5 Jahren auftreten,


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- Vorbeugung: 1 x pro Woche oder serienweise Lymphdrainage oder physikalische Entstauungstherapie für die Dauer von 1 bis 2 Jahren, beginnend unmittelbar postoperativ bei Vorliegen von Risikofaktoren.
(Földi, Hinterzarten).

- Chirurgische Therapie des Lymphödems durch gezielte Ableitung und Resektionen mittels lymphovenöser Anastomosen, diese Anastomosen können entweder über Prothesen hergestellt werden oder mittels Transplantation von Lymphgefäßen vom Oberschenkel.
(Baumeister, München)


Aktuelle Entwicklung in der Strahlentherapie beim Mammakarzinom

- R0-Resektion ist wichtig, wobei R0 0,1 mm bzw. 10 mm bedeuten kann; lt. Analysen aus der kanadischen Provinz Manitoba konnte keine kritische Mindestgrenze für einen freien Resektionsrand ermittelt werden. Wenn man Subgruppen nach der Weite des freien Randes weniger bzw. mehr als 1 mm oder 2 mm bildete, ergaben sich keine signifikanten Unterschiede in der Rate der Lokalrezidive; daraus ist zu folgern, dass eine R0-Resektion - egal wie knapp – ausreichend ist und weitere Nachresektionen keinen signifikanten Vorteil bringen.

- Wenn man diese Daten zusammenfasst, ergibt sich daraus, dass die Strahlentherapie eine wichtige Rolle in der weiteren Verbesserung der Tumorkontrolle nach makroskopisch kompletter Tumorresektion spielt, der Boost ist wichtiger als ein weiter freier Resektionsrand.

- Operative Maßnahmen, wie Nachresektionen, die die Durchführung und Qualität der Strahlentherapie beeinträchtigen (z.B. weil die Lokalisation des Boostes erschwert oder unmöglich wird) sind also meistens kontraproduktiv, dies gilt nicht nur für das invasive Karzinom, sondern wahrscheinlich auch für das reine DCIS.
(Dunst, Lübeck)


Symposium Bisphosphonate

- Kurzfristige hohe Konzentrationen an Bisphosphonaten können die Tumorzelle für die Apopthose sensibilisieren.
(Jakob, Würzburg)

- Das Auftreten einer pathologischen Fraktur erhöht das Sterberisiko signifikant, daraus leitet sich die Forderung ab, die Therapie von Knochenmetastasen vor dem Auftreten von Frakturen zu beginnen.

- Bei längerer Therapie kann es sinnvoll sein, das Intervall von 3 bis 4 Wochen auf 3 Monate zu verlängern.
(Hadji, Marburg)


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- Beeinflussung der therapieinduzierten Osteoporose durch Bisphosphonate, wie in ABCSG-12-Studie nachweisbar,

- bei praemenopausalen Patientinnen relative Risikoreduktion des Auftretens von Rezidiven bzw. Metastasen um 35 % (Diel, Mannheim).


Komplementärmedizin

- Die alleinige Wirksamkeit von Vitaminen, Cerealien, Ballaststoffen, Selen sind bisher unbewiesen, lediglich gesunde Ernährung im Zusammenspiel mit erhöhter körperlicher Aktivität hat einen Einfluss auf das Wiederauftreten der Erkrankung,

- bei nachgewiesenem Vitamin-D-Mangel treten vermehrt Rezidive und Metastasen auf, die sich ungünstig auf das Überleben auswirken, allerdings ergeben die Studien insgesamt widersprüchliche Ergebnisse, so dass eine abschließende Bewertung nicht vorgenommen werden kann,

- eine krebsfeindliche oder krebsfeindliche Diäten gibt es nicht,

- anzustreben ist das Normalgewicht, eine regelmäßige körperlich Aktivität, wenig Alkohol, wenig Fett, reichlich Obst, Gemüse, Ballaststoffe und Fisch; Hinweis: die Diät nach Koi scheint wahrscheinlich zu schaden, deswegen sollte vor dieser Diät gewarnt werden.
(Jungi, Wittenbach),

- hochdosiertes Selen ist bei Sepsis wirksam und reduziert signifikant die Mortalität um 14 %, es ist entzündungshemmend und ein Radikalfänger, des weiteren induziert es die Apopthose, hemmt die Proliferation, wirkt antiangiogenetisch, somit letztlich antikanzerogen,

- der angestrebte Selengehalt im Blut sollte 135 µg/l betragen, das heißt es sollte vor jeder Selen-Substitution immer ein Selenspiegel bestimmt werden, statistisch gesehen besteht bei allen Deutschen ein Selenmangel, der durchschnittlich bestimmte Selenspiegel liegt bei 85 µg/l,

- Mikronährstoffe können keinen Krebs verhindern, aber die Nebenwirkungen onkologischer Therapien reduzieren.
(Gröber, Essen)

- Mistel-Lektin 1 führt in toxischer Dosis zur Apopthose der Zellen, die onkologisch eingesetzten Dosen sind immunmodulatorisch,

- anthroposophische Mistelpräparate: Iskador/Helixor, im Gegensatz dazu lektinormierte Mistelpräparate: Eurixor/Lektinol,


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- es gibt eine Metaanalyse, in die von 50 Studien nur 21 eingegangen sind, da aber auch bei diesen Studien in der Regel eine relativ schlechte Methodik nachweisbar war, sind die Ergebnisse zu hinterfragen, so dass auch aus dieser Metaanalyse keine klare Aussage zum Einsatz von Mistelpräparaten getroffen werden kann.
(Schumacher, Bad Dörrheim)


Das Tumorstammzellkonzept – der Stein des Weisen?

- Es konnten verschiedene Mammakarzinomstammzellen untersucht werden, die bei immungeschwächten Mäusen Karzinome hervorrufen, CD-24-negative und CD-44-positive; während dessen CD-24-positive und CD-44-positive sowie CD-24-positive und CD-44-negative bei immungeschwächten Mäusen kein Karzinomwachstum hervorrufen,

- man hat auch Stammzellen für Prostata- und Kolonkarzinom gefunden,

- dennoch lässt sich eine sichere Aussage, ob es wirklich die Mammakarzinom-tumorstammzelle gibt, nicht treffen, auch hier fehlen große randomisierte Studien, um zu diesem Punkt Stellung nehmen zu können.
(Giebel, Essen)


Therapie des metastasierten Mammakarzinoms

- Es ist umstritten, ob bei primärer Metastasierung, das heißt im Stadium M1 bei Primärdiagnose, eine Operation der Brust zwingend indiziert ist, zahlreiche retrospektive Daten deuten darauf hin, dass eine Brustoperation bei Erreichen einer R0-Resektion für das Überleben der Patientin von Vorteil ist, andererseits könnte ein möglicher Bias vorliegen, da nur die Patienten mit günstig eingeschätztem Krankheitsverlauf von den betreuenden Ärzten vermehrt zur Operation geführt wurden,

- bei Her-2-positiver Erkrankung ist Trastuzumab obligater Bestandteil der palliativen Therapie, nach Fortschreiten der Erkrankung kann entweder bei Beibehaltung von Herceptin die Chemotherapie gewechselt werden oder von Herceptin auf Lapatinib mit Chemotherapie umgestellt werden.
(Harbeck, Köln)


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Zytostatische und zielgerichtete Therapie

- Durch große randomisierte Studien konnte gezeigt werden, dass bei prämenopausalen Patientinnen, die unter Therapie mehr als 6 Monate amenorrhoisch wurden, eine bessere Prognose besteht als bei Patn., die nicht amenorrhoisch wurden, die höchste Amenorrhoerate zeigte sich unter der Therapie mit Adriamycin/Cyclophosphamid, gefolgt von Taxol,

- weitere Studien belegen die Überlegenheit der Taxane beim nodal positiven Mammakarzinom,

- Rolle der zielgerichteten Therapien aufgrund ihrer Nutzen/Schaden-Relation nimmt in den nächsten Jahren deutlich zu,

- Patientinnen mit Her2-neu Überexpression (-Amplifikation) und Indikation zur Chemotherapie sollen adjuvant Trastuzumab (1a) erhalten,

- Rolle der Anthrazykline beim Her2-positiven Mammakarzinom unklar und vermutlich in Abhängigkeit der Kardiotoxizität zu sehen,

- Patientinnen mit Her2-neu Überexpression sollen bei Metastasierung auf jeden Fall Trastuzumab erhalten

1. Trastuzumab meist mit Chemotherapie beginnen
2. Trastuzumab beim Fortschreiten der Erkrankung nicht absetzen
3. Trastuzumab auch zusammen mit antihormoneller Therapie möglich
4. Trastuzumab auch zusammen mit Lapatinib möglich ? (Hinweise für sinnvolle Ergänzung)
5. Trastuzumab auch zusammen mit liposomalen Anthrazyklinen möglich

- in der zukünftigen Therapie des Mammakarzinoms werden die sogenannten Biologicals eine wesentliche Rolle einnehmen, hierzu laufen zahlreiche adjuvante Studien mit Lapatinib, Bevacizumab, Zunitinib und Rad-001.
(Janni, Düsseldorf)



Das männliche Mammakarzinom

- < 1 % aller Mammakarzinome (450 Fälle/a in Dt.), Erkrankung 10 Jahre später als bei der Frau (häufiger höhere Tumorstadien und positiver Nodalstatus – bis 55 % - als bei der Frau, 85 % rezeptorpositiv, in7 % bei Erstdiagnose M1-Situation
(Förster, Chemnitz)

- brusterhaltende Therapie nicht kontraindiziert, aber nicht sinnvoll
(Winzer, Berlin)

- Aromatasehemmer nur zusammen mit GnRH (Testosteronproduktion im Hoden!), Faslodex (+GnRH scheint gute Alternative (Possinger, Berlin)


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Primäre und sekundäre Brustrekonstruktion: Wann – Was?

- Bei Wunsch zur Sofortrekonstruktion in T1-2/cN0-Situation vorher Sentinelnodebiopsie zur Abklärung der Notwendigkeit einer Thoraxwandbestrahlung,

- bei niedriger Patientenerwartung und hoher lokale Gewebequalität bevorzugt Implantatrekonstruktion, im umgekehrten Fall autologes Material
(Nestle-Krämling, Düsseldorf).



Dr. med. S. Schnohr
Chefärztin der Frauenklinik/
Leiterin des zertifizierten Brustzentrums Dr. med. K. Volk
Oberärztin/
Koordinatorin Brustzentrum