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Neues aus dem Klinikum

Schattenkinder

Mittwoch, 04. November 2009, 08:42 Uhr
Es ist noch gar nicht so lange her, da waren Musiktherapeutin Angela Pschibert und Mototherapeutin Antje Wiedemann ganz schön aufgeregt. In Alzey (Rheinland- Pfalz) wurden die beiden Mitarbeiterinnen der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters des Nordhäuser Südharz-Krankenhauses als dritte Preisträger des Pflege- und Erziehungspreises 2009 der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Kinder- und Jugendpsychiatrie aufgerufen.

Angela Pschibert (links) und Antje Wiedemann (Foto: SHK) Angela Pschibert (links) und Antje Wiedemann (Foto: SHK)
Zum Foto: Angela Pschibert (links) und Antje Wiedemann

Die Ehrung erfuhren die beiden Frauen für ihre Projektarbeit „Schattenlichtreiter“ in der Nordhäuser Klinik. Angela Pschibert erläutert: „Unser Anliegen war und ist es, die so genannten Schattenkinder unserer Gesellschaft ins rechte Licht zu setzen. Dazu haben alle Berufsgruppen der Kinder- und Jugendpsychiatrie mit den Kindern und Jugendlichen ein Theaterstück entwickelt, in dem über die Probleme, die Ängste, die Hilf- und Ausweglosigkeit geredet wird.“

Inszeniert wurde ein Schattenlichttheater, bei dem die jungen Akteure im Dunkeln ihre Gedanken und Gefühle darstellten. Kombiniert mit vielen Effekten, Licht und Musik, umgeben von Schwarzlicht, das durch fluoreszierende Farben „erhellt“ wird, sprechen die Patienten über sich, ihre Krankheit, ihre Probleme, ohne erkannt zu werden. Themen, die in insgesamt vier Akten in Szene gesetzt werden sind Ängste, Aggressionen, Computersucht und das Leben im Teufelskreis.

Im Vorschul- und Grundschulalter stand die Angstbewältigung im Vordergrund. Die 10- bis 13jährigen stellten die Aggressionsmechanismen in Elternhaus und Schule dar, z.B. durch Mobbing oder Erpressung. Eine von den Jugendlichen geführte Umfrage zum Thema Computersucht erbrachte erstaunliche Ergebnisse. Man kann schon von einer neuen Volkskrankheit sprechen. Meist männliche Benutzer berichten von 5 bis 18 Stunden täglicher Computernutzung. Ballerspiele, Ego-Shooter-Spiele wirken abstumpfend und Gewalt verherrlichend. Die Gefahren im Chat werden aufgezeigt.

Im vierten Akt zeigen die Jugendlichen das Leben im Teufelskreis. Geschwisterrivalität, Trennung der Eltern, das Zuhören, die Suche nach Aufmerksamkeit und Anerkennung sind Hauptanliegen der Schauspieler. Eine Gradwanderung zwischen Hass, Wut und eigener Zerstörung wird deutlich. „Helfende Hände“ werden gereicht, um einen Weg aus dem Teufelskreis zu finden.

Im Theaterstück werden gesellschaftliche und familiäre Konfliktsituationen aufgegriffen und realistische Lösungsansätze entwickelt. Die Familie als Hauptträger von Verantwortung und Erziehung wird herangezogen.



„Die Arbeit an diesem Projekt hat nicht nur riesig Spaß gemacht, weil wir die Freude der jungen Patienten sehen konnten, sondern weil sich während des Projekts und der beiden Aufführungen vor Eltern erste therapeutische Erfolge gezeigt haben. Und letztlich können wir all diese Ergebnisse in unsere weitere Arbeit einfließen lassen“, beschreibt Antje Wiedemann.

Chefarzt Dr. Dr. Reinhard Arndt ergänzt mit Stolz, dass das Nordhäuser Krankenhaus die erste Klinik in den neuen Bundesländern ist, die mit diesem Preis ausgezeichnet wurde. Besonders lobt der Mediziner, dass die gesamte Vorbereitung und Durchführung, die unter anderem einen enormen logistischen Aufwand erforderte, zusätzlich zum normalen Klinikbetrieb organisiert wurde. Aber es hat sich gelohnt: „Es zeigte sich wiederum, dass wir gerade unsere jungen Patienten mit derart hohen therapeutischen Ansprüchen zurück ins Leben bringen können“, so Arndt abschließend.